Was geschaut werden muss — der Freitag

Was geschaut werden muss — der Freitag:










05.04.2012 | 14:07

Was geschaut werden muss

Warum übersehe ich, übersehe ich zu lange,
was offensichtlich ist und in Intendantenkonferenzen
beschlossen wurde, an deren Ende als Überlebende
wir allenfalls ARD Fußnoten sind.
Es ist das behauptete Recht auf Einschaltquoten,
der das von einem Alt-Showmaster unterjochte
und zum organisierten Jubel gelenkte
Studiopublikum auslöschen könnte,
weil in dessen Machtbereich der Bau
einer neuer Studiodekoration vermutet wird.
Doch warum untersage ich mir,
jenes andere Programm beim Namen zu nennen,
in dem seit Jahren – sogar vor Millionenpublikum -
ein wachsendes Carmen Nebel Potential verfügbar
aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
zugänglich ist?
Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
dem sich mein Schweigen untergeordnet hat,
empfinde ich als belastende Realtainment-Lüge
und Zwang, der Castings-Shows in Aussicht stellt,
sobald er missachtet wird;
das Verdikt "Unterhaltungsfernsehen" ist geläufig.
Jetzt aber, weil aus meinem Sender,
das von ureigenen Verbrechen wie Affe Charly,
die ohne Vergleich sind,
Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
mit flinker Jürgen von der Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
ein weiteres TV-Format in den Äther
geliefert werden soll, dessen Spezialität
darin besteht, allesvernichtende Altherren-Witzköppe
dorthin lenken zu können, wo die Existenz
eines einzigen Zuschauers unbewiesen ist,
doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
sage ich, was gesagt werden muss: abschalten.
Warum aber schwieg ich bislang?
Weil ich meinte, meine Moderatoren-Vita,
die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist,
verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit
dem Sender RTL, dem ich verbunden bin
und bleiben will, zuzumuten.
Warum sage ich jetzt erst,
gelangweilt und mit letzter Tinte:
Die Medienmacht deutsches Fernsehen gefährdet
den ohnehin brüchigen sozialen Frieden?
Weil gesagt werden muß,
was schon morgen aus dem Programm genommen sein könnte;
auch weil wir - als Deutsche Zuschauer belastet genug -
Zulieferer eines TV-Verbrechens wie „Alarm für Cobra 11“ werden könnten,
das voraussehbar ist, weshalb unser Zapping
durch keine der üblichen Ausreden
zu tilgen wäre.
Und zugegeben: ich schlafe nicht mehr vor dem TV ein,
weil ich der Heuchelei des Privat-Fernsehens
überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen,
es mögen sich viele vom Schlafen befreien,
den Produzenten der erkennbaren Gefahr
zum Verzicht auf Doku-Soaps auffordern und
gleichfalls darauf bestehen,
daß eine unbehinderte und permanente Kontrolle
des Potentials der Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen
und der Werbeblöcke der Privaten
durch eine internationale Instanz
von den Fernsehräten aller Sender zugelassen wird.
Nur so ist allen, den TV-Machern und Zuschauern,
mehr noch, allen Menschen, die in dieser
vom Quoten-Wahn okkupierten Region
dicht bei dicht verzweifelt leben
und letztlich auch uns zu helfen.

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